Meine Augenlider lagen in der Schatulle neben meinem Bett. Dort pflegte ich sie immer aufzubewahren, wenn die Sonne nicht schien. Ich glaube, es war der letzte Sonntag nach Neujahr, an diesem Tag kam er zu uns. Mein beharrlich weißer Blick hatte ihn bereits aus mehreren hundert Kilometern Entfernung erfasst. Auf seinem Rücken trug er das Haus eines Fremden. Sein langer roter Mantel flatterte im Wind. Schwer zu sagen, ob er die Glaskugel selbst in seinen Mund gelegt hatte. Sie splitterte auf jeden Fall fürchterlich, als er sie zerbiss und zu reden begann. Das Blut mischte sich in seine Worte und hervor trat eine Wahrheit. Es war eine große und alles verschlingende Wahrheit, daran erinnere ich mich sehr genau. Sie zerwühlte meinen Verstand mit großem Eifer. Meine Gedanken zogen aus in seiner Schusslinie zu verweilen. Sein Kopf selbst allerdings schien in Klammern gesetzt. Mit jedem Tag seiner Anwesenheit sanken meine Füße etwas tiefer in das Eis. Das Laufen fiel mir sehr schwer. Die Ausrufezeichen, die sich hinter ihm reihten, ignorierte ich zu unser aller Bedauern. Wie oft versicherte er mir doch, er wäre ein Pilot des sinnlichen Friedens. Sein Leben lang hatte er die verbrannte Erde seiner Heimat fressen müssen. Genuss war ihm, wie auch mir, ein Rätsel. Einst hatte er den Versuch unternommen, der Freiheitsstatue zu folgen, aber sie hatte „Nein“ gesagt. Zu dieser Zeit trug ich bereits meine zehnte Uhr. Sie war, wie ein jedes ihrer Vorgänger, kaputt. Säuberlich reihten sich acht von ihnen, eine nach der anderen, an meinem linken Arm. Die neunte Trug ich um den Hals, die zehnte an meinem rechten Fuß. Ein jedes Mal, wenn unser Gast die Schwelle unseres Hauses überschritt, tobte der Gelbhund unnachgiebig in seinem Loch. Zähnefletschend und bellend, grub er sich dabei immer tiefer in den Berg. Es dauerte einige Monate bis er wieder an die Oberfläche kam. Schließlich tauschten Ruben und ich unsere Hände aus. Trauer überkam mich, als mir bewusst wurde, dass ich von diesem Zeitpunkt an mit zwei linken Händen zu leben hatte. Meine böse Vorahnung verschwand genauso sacht und leise, wie sie gekommen war. Er hatte mir meine Rechte genommen. Ich versank ganz im Eis, nur um auf der andere Seite dieser Welt eine neue Nacht zu erblicken. Zum Rennen wäre das Wasser da draußen ohnehin zu weich gewesen. Jahre vergingen bis ich wieder große Distanzen laufen konnte. Geschehens ungeschehen zu machen, war nie meine Stärke. Ungeschehenes zu verstehen jedoch sehr. Ich kehrte nie nach Antarktika zurück.